Editorial, Guy Greivelding: Öffentlicher Transport: berechtigte Proteste und Forderungen
Editorial, Guy Greivelding: Öffentlicher Transport: berechtigte Proteste und Forderungen

Es brodelt bei den Busfahrern der Stadt Luxemburg. Um den Ansprüchen der geforderten Fahrleistungen ohne Stress gerecht zu werden, 12000 freie Tage sind in der Zwischenzeit den Fahrern geschuldet, müssten in etwa 30 neue Busfahrer eingestellt werden. Kandidaten gibt es wohl zur Genüge, welche die Aufnahmeprüfung schaffen. Doch scheitern viele an dem eingeführten Psychotest. Ein solcher Test ist nicht nötig für private Busfahrer, auch wenn sie in „Sous-traitance“ bei der Stadt Luxemburg fahren. Will nun ein Busfahrer eines Privatunternehmens zum AVL wechseln, besteht die Stadtverwaltung jedoch auf diesen Psycho-Test. Eigentlich paradox!
Privatisierung des AVL-Netzes?
Aber geht es wohl um etwas anderes. Über den Weg der „Sous-traitance“, mittlerweile auf 53 Prozent angewachsen, wollen die politisch Verantwortlichen den städtischen Busdienst billiger gestalten. Wird so bewusst diese Einstellungspolitik gemacht, um diesen Weg verstärkt gehen zu können? Gibt es Überlegungen oder vielleicht schon konkrete Zeitpläne in einem gewissen Zeitraum den privaten Busunternehmern die Betreibung des Gesamtnetzes zu übergeben?
Wir können kaum glauben, dass der Schöffenrat eigentlich nur vorübergehend, wie er sich ausdrückte, eine Auslagerung beschloss, um die Arbeitsbedingungen der AVL-Fahrer zu verbessern. Die am 24. Juni 2013 erfolgreiche Protestaktion unserer AVL-Sektion dürfte eigentlich nur den Stein der Proteste ins Rollen gebracht haben. Ein konsequentes Vorgehen und permanenter Druck auf die Stadtverantwortlichen muss aufrechterhalten werden. In der Konsequenz forderte der Landesverband den Stadtbürgermeister Xavier Bettel auf zum Dialog über die Einstellungspolitik, die sich daraus resultierenden schlechten Arbeitsbedingungen und über die Auslagerung von Fahrleistungen. Sollte dieser sich nicht für einen konstruktiven Dialog bereit zeigen, werden die Proteste in verschärfter Form nach den Sommerferien weitergehen.
Wir wissen sehr wohl, dass die Gemeinden vom Innenministerium in der Einstellungspolitik sehr kurz an der Leine gehalten sind. In Sachen Psychotest verwies Innenminister Jean-Marie Halsdorf auf die Autonomie der Gemeinden.
Wir erkennen in dieser Aussage Parallelen zur Haltung des Ministers für nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen Claude Wiseler. In der Frage über die Zukunft der Eisenbahnstrecke Ettelbrück-Diekirch will dieser die Entscheidung über eine Schließung dieser Strecke auch den Lokalpolitikern überlassen. Hier muss gewusst sein, dass wenn der öffentliche Transport auf die Straße verlegt würde, mit Sicherheit ausschließlich private Busunternehmen die Strecke fahren würden.
Mit Verlaub sei gefragt: ist dies die neueste Art der CSV-Minister sich kniffligen Entscheidungen zu entziehen? Wird auch der Staatsminister sich in der Geheimdienstaffäre hinter der „Autonomie“, wenn es eine solche gibt, des SREL verstecken?
Über die Straße von Ettelbrück nach Diekirch?
Mit der am 8. Juli 2013 in Ettelbrück stattgefundenen Manifestation gegen die Schließung der Eisenbahnstrecke Ettelbrück-Diekirch und der damit verbundenen Verlagerung des öffentlichen Transportes auf die Straße wird unser Protest nicht vorüber sein. Wir müssen den zuständigen Minister in die Pflicht nehmen, seiner Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung gerecht zu werden und zu verfügen, dass auch in Zukunft der Personenverkehr zwischen diesen beiden Städten über die traditionelle Schiene führt.
Es kann nicht sein, dass ein umweltschonendes Verkehrsmittel einer umweltverschmutzenden Verkehrsart, vielleicht auch aus Kostengründen, Platz machen soll. Wir sind sicher nicht gegen den Bus als ein Teil des öffentlichen Transportes. Dort wo keine Schienen liegen ist er ein wertvolles Gemeinschaftstransportmittel. Wir können nicht einverstanden sein, dass Schienen aus den verschiedensten Gründen herausgerissen werden, um dann den öffentlichen Transport auf die Straße zu verlegen.
Unser Widerstand wird solange dauern bis wir alle Garantien haben, dass der Fortbestand der Eisenbahnstrecke nach Diekirch gesichert ist. Wir gehen davon aus, dass wir in den CFL Verbündete für unsere Aktion haben. In der Fahrplangestaltung für die Nordstrecke sind direkte Züge zwischen Diekirch und der Hauptstadt vorgesehen.
Über Ulflingen hinaus!
Um die Gerüchte, dass der Streckenabschnitt Rivage-Gouvy stillgelegt werden soll, ist es ruhig geworden. Dennoch scheint für uns die Gefahr nicht gebannt. Muss es zu Protesten auf belgischem Boden kommen?
Die Einführung eines Halbstundentaktes auf der Nordstrecke, den wir ausdrücklich begrüßen, bedeutet sicher einen Qualitätssprung für die Bahnkunden. Leider führt dieser nur bis Ulflingen.
Zurzeit beläuft sich das Potential der belgischen Grenzgänger in der Region Gouvy/Vielsalm/Trois-Ponts auf ungefähr 5000. Durch die Einführung eines guten „Service Public“ bis in diese Region könnte sicher eine Mehrzahl dieser Grenzgänger für die Schiene gewonnen werden. Ihnen bliebe somit der Weg im Auto bis Ulflingen und die Parkprobleme am dortigen Bahnhof erspart. Gespräche mit der SNCB erweisen sich als dringend, um die Pendler in ihrer Wohngegend auf den Zug zu bringen. Zu diesem Zweck drängt sich zusätzlich eine Frühverbindung ab Lüttich auf, um die Stadt Luxemburg noch vor acht Uhr morgens zu erreichen.
Der FNCTTFEL-Landesverband wird am Ball bleiben.
Guy Greivelding
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