Kommentar, Jean-Claude Thümmel: Freihandel
Kommentar, Jean-Claude Thümmel: Freihandel

Der Sommer lahmt! Zwar nur in Mitteleuropa aber es lastet auf den Gemütern. Eigentlich ist der Sommer ja wie geschaffen um sich zu erholen, Vitamin D zu tanken und den Kopf mehr oder weniger zu befreien. Das klappt im Moment allerdings nicht so recht. Aus vielerlei Gründen. Die Wirtschaft lahmt übrigens auch und die Arbeitslosigkeit erreicht bislang nie gekannte Höhen. Sie liegt derzeit im Großherzogtum bei 7,3%! Saisonbereinigt! Das gibt dann doch zu denken. Denn es heißt dass im Monat Juli 2014 etwas mehr als 18.000 Personen auf der Suche nach einer Job waren. Verglichen mit dem Monat Juli 2013 sind das 1.115 Personen mehr ohne Job. Das ist eine Steigerung von immerhin 6,6%. Eigentlich beschämend. Vor allem wenn man sich bewusst macht, dass zu diesen 18.000 nochmals fast 5.000 Lohnabhängige zu zählen sind, die in einer sogenannten Beschäftigungsmaßnahme sind. Und die Aussichten für die Zukunft sind nicht wirklich rosig. Das soll jetzt anders werden. Nach Meinung vieler Fachleute wird der Welthandel der freier und intensiver werden soll, helfen einige der Probleme zu lösen. Und weil dieses die einhellige Meinung ist, wird im Moment verhandelt was das Zeug hält. Insgesamt verhandelt die EU derzeit mit 28 Staaten oder Staatengruppen solche verheißungsreichen Freihandelsabkommen. Seit Februar 2008 auch mit der Ukraine und Russland! Die 17. Runde hat im Juni 2014 im Kiew stattgefunden. Aber zurück zum Wesentlichen, ein Abkommen das uns alle neben TTIP sehr interessieren dürfte, ist jenes was abgekürzt CETA heißt. Bedeutet “Comprehensive Economic and Trade Agreement“. Gestartet wurden die entsprechenden Verhandlungen schon im Mai 2009. Im Juli 2014 hat die vorerst letzte achte Runde stattgefunden. Vor kurzem wurde das gesamte Verhandlungsdokument insgesamt 512 Seiten stark, geleakt. Ohne solche Lecks würde die Welt wohl überhaupt nicht mitbekommen, dass irgendwo, irgendetwas verhandelt wird. Der designierte Kommissionspräsident der europäischen Union hat es vor einigen Jahren im Zusammenhang mit der geplanten europäischen Verfassung, auf den Punkt gebracht. Er prägte damals den tragenden Satz von der dunkelsten Dunkelkammer in welcher die Verhandlungen in Sachen Verfassung stattfinden würden. Nun die Verfassung kam dann doch nicht so wie geplant. Wir kennen das Ganze heute als den Vertrag von Lissabon.
Methode
Die Methode, unter komplettem Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln, hat sich allerdings bewährt. Die diversen Dunkelkammern in welchen die diversen Abkommen verhandelt werden, sind auf jeden Fall so abgeschottet dass im Prinzip gar nichts nach außen dringen soll. Mit Betonung auf soll. Dass Lecks entstanden sind, hat wohl auch damit zu tun, dass innerhalb der Verhandlungsdelegationen sich Unsicherheit breit gemacht hat. Denn das was auf die betroffenen Lohnabhängigen und Konsumenten im Rahmen von CETA und TTIP zukommt, sprengt sicherlich den Rahmen des Vorstellbaren. Nichts wird nachher mehr so sein wie es war. Das klingt gefährlich und ist es auch. Für die Grundrechte, die sozialen Rechte und die gesellschaftliche Kohäsion. Den sozialen Zusammenhalt welcher immer wieder beschwört wird und immer weniger greift. Dabei sind u.a. Umweltorganisationen, Verbraucherschutzorganisationen und Gewerkschaften. Zurück zum EU-Kanada Abkommen. Es gibt Hinweise darauf, dass am 25. September 2014 CETA unterschrieben wird. Genau einen Tag vorher wird, sofern die europäische Kommission eine solche für zulässig erklärt, eine europäische Bürgerinitiative „STOP TTIP“ starten. Rund 200 europäische Organisationen aus 20 EU-Ländern unterstützen die Plattform „Stop TTIP“. Sollte tatsächlich CETA unterschrieben werden, dann muß die Mobilisierung gegen das EU-USA Freihandelsabkommen intensiviert werden. Das gefährliche an CETA ist nämlich dass das Abkommen eine Blaupause von TTIP/TAFTA ist. Die Eliminierung der nicht tarifären Handelshemmnisse gehört genauso dazu wie der Handel mit Dienstleistungen oder die Schaffung von sogenannten Schiedsgerichten die im Streitfall via Schiedsspruch Recht sprechen können ohne ein echtes Gericht zu sein. Diese Schiedsinstanzen sind aus gutem Grund immer noch Stein des Anstoßes für ansonsten fervente Anhänger von CETA und TTIP. Deshalb ist und bleibt die Forderung der europäischen Plattform „Stop TTIP“ richtig. Es muss alles auf den Tisch und es muss transparent und demokratisch sein. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger müssen in der Lage sein objektiv zu entscheiden. Mit der Aussicht auf kräftiges Wachstum ohne auch nur den Hauch eines wissenschaftlichen Beweises werden die Macher von CETA und TTIP nicht zum Ziel gelangen. Mit nebulösen Versprechungen in Sachen Arbeitsmarkt oder Einkommen wohl auch nicht. Deshalb: Stop CETA, Stop TTIP, Stop die Dunkelkammern.
Jean-Claude Thümmel
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