Le Signal Nr 02-2004
Editorial: Von wegen Nachhaltigkeit
Beim Gerangel um eine zukunftsorientierte CFL-Strategie sowie am Beispiel des CFL-Standortes Ettelbruck wird deutlich, dass über Nachhaltigkeit sehr viel geredet und geschrieben wird, dass politisch und unternehmerisch sehr wenig getan wird um einer entsprechenden Entwicklung zum Durchbruch zu verhelfen. Nachhaltige Entwicklung bedeutet, die Bedürfnisse von heute zu befriedigen, ohne die Lebensbedingungen zukünftiger Generation in Frage zu stellen.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs hatten sich 2001 in Göteborg auf eine Strategie der nachhaltigen Entwicklung verständigt. Auch unser Staatsminister hat dieses Stichwort in seinen Reden zur Lage der Nation, immer wieder bemüht. Die europäische Kommission hat ihrerseits in ihrem Weißbuch. “Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellung für die Zukunft” ausführlich Bezug genommen auf die “Notwendigkeit” der Einbindung des Verkehrs in die auf Dauer tragbare Entwicklung. Zentraler Ansatzpunkt des Weißbuches ist die Reduktion des Anteils des Strassenverkehrs am prognostizierten Zuwachs im Güterverkehr. In seinem Beitrag zur CFL-Strategie hat der Landesverband sich bemüht, der von den politischen Entscheidungsträger angemahnten Strategie einer nachhaltigen Entwicklung, Rechnung zu tragen. Es ist deshalb unverständlich und es grenzt an unternehmerischen Masochismus wenn der CFL-Präsident und Generaldirektor daraufhin dem Landesverband vorwerfen, er würde bessere Rahmenbedingungen für den Eisenbahntransport fordern. Das Schaffen von ausgeglichenen und gerechten Konkurrenzbedingungen im Transportgewerbe scheint für die CFL-Verantwortlichen kein Thema zu sein. Sie wollen lieber in ihrer Rückzugspolitik vom Transportmarkt verharren und sich in Sozial- und Personalabbau üben.
Der geplante Abbau des CFL-Güterstandortes Ettelbruck ist Teil einer solchen Strategie, deren Inhalt außer den Autoren und der Regierung niemand kennt. Als der Landesverband, aus Sorge um die Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region, sich um ein Aktionsbündnis bemühte, mit dem Ziel die CFL-Aktivitäten auf der Nordstrecke abzusichern, wurde uns unbegründete Panikmache vorgeworfen.
Inzwischen hat der Transportminister die Befürchtungen des Landesverbandes in einer Antwort auf entsprechende parlamentarische Anfragen der Deputierten Georges Wohlfart und Mars Di Bartolomeo, bestätigt. Was eine mögliche Schließung des Standortes Ettelbruck und eine etwaige Verlagerung von Transporten von der Schiene zur Strasse anbetrifft, weist der Transportminister jede Verantwortung von sich. Die CFL würden schließlich im Gütertransport über eine kommerzielle Autonomie verfügen. Er bestätigt allerdings, dass die CFL vorhaben unrentable Standorte zu schließen und die Bedienung von rentablen Standorten aus zu organisieren.
Dass die kleineren Kunden Gefahr laufen in Zukunft von den CFL überhaupt nicht mehr bedient zu werden und dass auch für größere Kunden die geplante Bedienungsform nicht unproblematisch ist, wird geflissentlich verschwiegen.
…Dialog und Transparenz
In seiner Antwort auf die parlamentarischen Anfragen zeigt sich der Minister davon überzeugt, dass die CFL zu gegebener Zeit alle Interessierten über die von ihnen gefundene Lösung informieren werden. Sowohl der Transportminister als auch die CFL-Verantwortlichen scheinen ein gestörtes Verhältnis zu den Begriffen Dialog und Transparenz zu haben.
Die Dialogbereitschaft kann und darf sich nicht darauf beschränken, dass die Gewerkschaften und die politischen Verantwortungsträger über den Zeitpunkt der Schließung des Standortes Ettelbruck informiert werden. Wir möchten vielmehr in einem ernstgemeinten Dialog mithelfen nach Lösungen zu suchen, um die CFL-Aktivitäten auf der Nordstrecke zu erhalten und womöglich auszubauen.
Der ministerliche Hinweis auf die Sitzung des Gemischten Betriebsrates vom 18. Dezember 2003 und die dort an den Tag gelegte Informations- und Dialogbereitschaft kann uns keineswegs beruhigen. Denn noch bevor der entsprechende Bericht verabschiedet worden war, haben die CFL-Manager sich bereits von ihren dort gemachten Zusagen verabschiedet. Ohne die Personalvertretung auch nur zu informieren, hat die CFL-Generaldirektion die zuständigen Dienststellenleiter beauftragt die Zugabfertigung von Ettelbruck nach Bettemburg zu verlegen. Ein entsprechender Versuch wurde Anfang dieser Woche gestartet.
In Anbetracht der Sachlage wird das Aktionskomitee zur Aufrechterhaltung der CFL-Dienstleistungen auf der Nordstrecke, in Kürze zusammentreffen und über die weitere Vorgehensweise entscheiden.
Nico Wennmacher
Tribüne: Für eine soziale CFL-Strategie mit dem Personal im Mittelpunkt
Am kommenden 16. Februar also wollen der Präsident des CFL-Verwaltungsrates und die Generaldirektion den Mitgliedern des obersten Gremiums der Bahn endlich die längst überfällige Strategie vorstellen, mit der die Gesellschaft die zukünftigen Herausforderungen im liberalisierten Umfeld angehen will. Bereits im Oktober des Jahres 2002 haben die Delegierten des Landesverbandes im Rahmen ihres 62. ordentlichen Kongresses in Sachen zukünftige CFL-Strategie unmissverständlich Position bezogen. Einstimmig haben sie in einer Resolution deutlich gemacht, dass die Eisenbahner/innen jede Strategie entschieden ablehnen, die auf Kosten der Belegschaft und der Kunden geht, aus Wettbewerbsgründen sicherheitsrelevante Aspekte wirtschaftlichen Überlegungen unterordnet, die Sozialbedingungen der Beschäftigten verschlechtert und das Personalstatut in Frage stellt. Vielmehr gelte es jetzt endlich eine Diskussion betreffend die Erstellung eines Gesamtkonzeptes zu führen, welche nicht die finanzielle Rentabilität, sondern die volkswirtschaftlichen Vorteile der Bahn in den Mittelpunkt stellt. In einem Grundsatzpapier, das sowohl dem Transportminister als auch den Bahnverantwortlichen kürzlich zugestellt wurde, hat der Landesverband als bislang einziger Interessierter seine Vorstellungen bezüglich der zukünftigen Ausrichtung der CFL-Gesellschaft öffentlich geäussert.
Die Personalpolitik neu orientieren !
Die Beschäftigung von genügend und bestens ausgebildetem Personal, damit das Unternehmen seinen eigenen Ansprüchen in punkto Sicherheit und Qualität gerecht werden kann, ist natürlich ein Schlüsselelement in dieser Grundsatzdiskussion. Die CFL-Verantwortlichen, ob im Verwaltungsrat oder in der Generaldirektion, müssen sich in der Tat bewusst sein, dass in erster Linie das Personal das eigentliche A und O der Gesellschaft darstellt. Ohne eine gut geschulte, bestens motivierte und in ausreichender Zahl vorhandene Belegschaft kann kein Unternehmen auf Dauer leistungsfähig sein. Diese Binsenwahrheit hatte für das CFL-Management in den zurückliegenden Jahren leider selten Gültigkeit. In den letzten 25 Jahren haben die CFL ihren Personalbestand quasi um ein Drittel gekürzt. Sehr oft auf Kosten der Qualität des Angebotes, vor allem aber auch auf Kosten der Sicherheit und der Arbeitsbedingungen. Die nach wie vor hohen Rückstände in der Gewährung von geschuldeten Ruhetagen in manchen Kategorien sind eine direkte Folge dieser widersinnigen Politik.
Gesundschrumpfungen auf Kosten des Personals, der Sicherheit und der öffentlichen Dienstleistungen dürfen auf keinen Fall Bestandteil einer zukünftigen Strategie sein. Die Verwirklichung der beschlossenen und geplanten Investitionsprojekte, die dringend notwendigen Massnahmen zur weiteren Verbesserung der Sicherheit und die Umsetzung des Qualitätsplanes erfordern vielmehr eine Neuorientierung der in den letzten Jahrzehnten, fast ausschliesslich auf Abbau ausgerichteten Personalpolitik.
Rezepte wie Personal- und Sozialabbau, welche sich in der Vergangenheit als untauglich erwiesen haben, sind mit Sicherheit nicht dazu geeignet, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Es ist deshalb absolut notwendig, dass die Personalbestände den wirklichen Bedürfnissen angepasst werden und nicht ausschliesslich budgetären Zwängen unterliegen. Eine konsequente Einstellungspolitik ist deshalb dringend vonnöten.
Fortschrittliche Alternativen sind gefragt!
Wir haben schon des Öfteren darauf hingewiesen, dass die Eisenbahner/innen die in den letzten Jahren vollzogene, zum Teil unnötige Restrukturierung der Gesellschaft mit grosser Geduld und viel Verständnis ertragen haben. Auch das gestiegene Verkehrsaufkommen wurde mit grosser Einsatzbereitschaft bewältigt. Überstunden und Nicht-Gewährung von Ruhetagen waren die logische Folge dieser positiven Einstellung. Es wird jetzt aber höchste Zeit wieder zu normalen Verhältnissen bei der Bahn zurück zu kehren. Nur den wirklichen Bedürfnissen angepasste Personalbestände sind ein Garant dafür!
Auch wenn die CFL-Manager und ihre Beraterfirmen es nicht wahr haben wollen: Die zukünftige Strategie der Bahn führt nur über den Weg fortschrittlicher Alternativen zu den immer wiederkehrenden Abbauplänen! Nicht Personalabbau aus wirtschaftlichen Überlegungen, nicht die Einstellung der Bedienung von Kunden, sondern die Erschliessung neuer Einnahmequellen in Zusammenarbeit mit den traditionellen Unternehmen der Nachbarländer und die Erstellung moderner Vermarktungskonzepte sind gefordert. Fragwürdige Rationalisierungen, welche Sicherheit und Qualität in Frage stellen, machen jede neue Strategie zur Makulatur!
Waren die CFL-Verantwortlichen nicht etwa angetreten um das Image der Bahn in der Öffentlichkeit aufzuwerten und alles daran zu setzen, um den Kunden im Güter- wie im Personenverkehr ein Produkt von hoher Qualität anzubieten. Dies ist dabei gründlich zu misslingen. Angesichts der von der Europäischen Union definierten Spielregeln, und der vom CFL-Patronat in letzter Zeit gezeigten Reaktionen, ist es höchste Zeit, dass aber auch die Regierung im allgemeinen und das Transportministerium im besonderen endlich ihr Schweigen brechen und deutlich machen,welche Eisenbahn sie in der Zukunft in unserem Land wollen und welche Aufgaben sie zu erfüllen hat.
Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine wachsende Bedeutung der Bahn sind nach wie vor günstig. Ihr werden langfristig die grössten Entwicklungspotentiale und die besten Zukunftschancen eingeräumt. Sie ist der Verkehrsträger, der alle Anforderungen und Kriterien einer modernen Verkehrspolitik erfüllen kann. Diese dürfen nicht leichtsinnig aufs Spiel gesetzt werden! Auch nicht hier in Luxemburg!
Roland Schreiner
Der Kommentar
Vor einigen Wochen fingen Busunternehmer Sales-Lentz und sein Partner Easy by Coach an zu werben für fahrplanmässige Billigfahrten für 1€ per Bus nach Brüssel. Allerdings mit Einschränkung. Also eine Bauernfängerei? Und die Mitreisenden werden nur praktisch an den Stadtrand von Brüssel gefahren und müssen alsdann ihre Fahrt ins Zentrum selber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln organisieren.
Sicher kein Komfort. Die CFL und die SNCB fahren ihre Kunden ab Luxemburg in 2.20 Stunden bis ins europäische Herz der belgischen Hauptstadt. Mithin dürfte dieser „Billigbus“ keine Konkurrenz für die Eisenbahn sein. Kaum sieht man auch Passagiere an Bord bei der Abfahrt in Luxemburg. Aber er fährt noch immer.
Die Billiganbieter haben aber mit dieser „Destination“ nicht genug. Vom 1. April an sollen Sales und Easy by Coach täglich von Luxemburg zum Flughafen Hahn fahren, von wo Billigflieger Ryanair seine Flüge zu Dumpingpreisen anbietet. Fährt Easy by Coach auch dahin zu Billigpreisen? Das werden wir noch erfahren. Die Preise stehen noch nicht offiziell fest.
Fest steht aber, dass in diesem Falle versucht wird der nationalen Fluggesellschaft Luxair Konkurrenz zu machen und die Kundschaft abzutreiben. Genau in einer Zeit wo man mit den Vergrösserungsarbeiten am Flughafen Findel begonnen hat. Wo bleibt die Logik?
Und wird vor der Jungfernfahrt wie gelegentlich bei der ersten Fahrt nach Brüssel (Photos in der Presse) wieder ein Vertreter des Transportministeriums Zeuge des Durchschneidens des Trikolorebändchens sein? Wir gehen davon aus, denn Grethen‘s liebstes Spielzeug, der Privatbus kommt wieder einmal voll zum Zuge. Nationale Gesellschaften wie die CFL und die Luxair spielen dann keine Rolle mehr. Ist das so in Ordnung? Eine Frage, die sich sicher viele hierzulande stellen.
Guy Greivelding