Nr 08-2009 vom 19. Mai 2009
Jean-Claude Thümmel
Permanent wird an den verschiedensten Dossiers gearbeitet, gefeilt, manchmal sogar gedoktort. Auch das ist gewerkschaftlicher Alltag. Bei der Bahn sind es momentan eine ganze Reihe solcher mehr oder minder brisante Dossiers, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchen. Ich will hier allerdings „nur“ auf 3 eingehen, die von ihrer politischen Tragweite oder von ihrer Konsequenz her sehr aktuell sind.
Der „Contrat de service public“ zum Beispiel nimmt in seiner transportpolitischen Tragweite ganz bestimmt eine Sonderstellung ein. Es hat einiger Interventionen bedurft damit Abschnitte bezüglich einzusetzender schwer überschaubarer Kommissionen, der Frage nach möglichen Auslagerungen von Unterhaltsarbeiten und die dabei einzuhaltenden Prozeduren und nicht zuletzt die, nicht nur philosophische, Betrachtung des Streiks als höhere Gewalt, so überarbeitet wurden, dass sich auch die Gewerkschaftsvertreter mit diesem Dokument identifizieren konnten. Alles in allem eine gelungene Etappe auf dem Weg der Konsolidierung des öffentlichen Gemeinschaftstransportes in öffentlicher Hand. Und betrachtet die Laufzeit von 15 Jahren ein absolut positiver Schritt in die richtige Richtung.
Das Dossier Arbeitsmedizin bewegt sich auf einem etwas anderen Niveau ist aber von seiner Tragweite her nicht zu unterschätzen. Es ist seit längerem bekannt, dass der bislang einzige CFL Arbeitsmediziner demnächst in den verdienten Ruhestand treten wird. Und weil es bei der Bahn immer etwas länger dauert bis schlussendlich reagiert wird, hat man sich bis zum vorigen Monat Zeit gelassen um der etwas überraschten Personalseite ein fast fertiges Konzept vorzulegen, das eigentlich nur noch abgenickt werden sollte. Beim näheren Betrachten sollte sich allerdings schnell herausstellen, dass die Bahnchefetage: 1. Ihrer gesetzlichen Pflicht nicht nachkommen konnte oder wollte. Tatsächlich ist ein Betrieb welcher ständig mehr als 3000 Leute beschäftigt, wovon mindestens 100 auf Risikoposten arbeiten, dazu verpflichtet sich einen eigenen und eigenständigen arbeitsmedizinischen Dienst zu leisten. Und zwar einen personell optimal ausgestatteten. Nach Analyse des Projekts das eine gemeinsame Struktur mit ARCELOR Mittal und CFL cargo vorsieht, keineswegs gegeben. 2. Gewisse Zweifel bleiben doch bezüglich des Willens der Generaldirektion einen gut funktionierenden, unabhängigen, nicht bevormundeten und mit allen notwendigen Mitteln ausgestatteten Arbeitsmediziner, besser noch 2, auch tatsächlich zu finden. Fazit: wir brauchen einen qualitativen Zugewinn für das Personal und auch für den Betrieb. Was wir nicht brauchen sind ökonomisch motivierte Synergien, die uns nicht wirklich weiterbringen.
Zeitgleich wurde der Personalseite ein neuartiges Konzept, genannt „Ateliers 2014“, vorgestellt. Im Rahmen der Verwirklichung des CRM sollen nach dem Willen der Chefetage die aktuellen Strukturen überarbeitet, die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und der Einsatz der Ressourcen optimiert werden. Die Mc Kinsey Berater haben in einem 22-seitigen Papier plastisch dargelegt wo, was zu tun ist. Durch die Mc Kinsey Brille betrachtet, selbstverständlich. Das nennt man dann „Lean Transformation“; in etwa Verschlankung und Transformation. Dass die Personalseite, in den Lenkungsausschuss mit eingebunden ist, und zwar von Anfang an, mag ein Zugeständnis an die Sozialpartnerschaft sein. Diese These werden wir als Landesverband aber nur maximal solange aufrecht halten, bis wir vom Gegenteil überzeugt sind. Eine moderne, und leider längst überfällige, Werkstatt wird es mit dem Landesverband zum Preis einer weiteren Filialisierung nicht geben.
Jean-Claude Thümmel
Notizblock, Guy Greivelding
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Die Verbandsleitung traf am 21. April erste Vorbereitungen für die gewerkschaftliche Großdemonstration vom 16. Mai.
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Am 23. April fand der Delegiertentag des Sektors Eisenbahnen statt. Bilanz wurde gezogen über das Funktionieren der Personalvertretung in den ersten Monaten der neuen Legislaturperiode.
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Auch waren wir am 23. April auf der Protestversammlung des Adhoc-Vorstandes für die Einführung einer Bachelor-Laufbahn im öffentlichen Sektor. Wir unterstützen diese Forderung.
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Am 25. April fand im Casino Syndical die traditionelle Jubilarenfeier für 50-, 60- und 70-jährige Mitgliedschaft im Landesverband statt.
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Ebenfalls am 25. April hatte die Vereinigung Echternach zu ihrer Generalversammlung eingeladen.
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Am 27. April sprachen wir mit den Kollegen der ULE. Ihre berechtigten Forderungen über ihre Unterbringung tragen wir in der nächsten Sitzung des gemischten Betriebsrates am 8. Juni vor.
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Der ITF-ETF-Aktionstag der Eisenbahner am 28. April stand in diesem Jahr unter dem Motto „Gewerkschaften gegen Gewalt“.
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Die Verbandsleitung kam am 30. April zusammen. Vorbereitungen für die Sitzung des Verbandsrates vom 6. Mai wurden getroffen.
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Eine starke Veranstaltung war auch in diesem Jahr unsere 1.Mai-Manifestation.
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Am 5. Mai bestellte der Vorstand der Entraide Médicale Kollege Marc Berlo zum neuen Geschäftsführer.
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Der Verbandsrat diskutierte am 6. Mai die Geschäftsbilanz 2008 und verwies sie an den nächsten ordentlichen Kongress.
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Am 8. Mai stellten wir der Arbeitskommission „Gehälterrevision“ im Ministerium der öffentlichen Funktion unsere Forderungen für diese längst fällige Revision vor.
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9. Mai: Außerordentlicher Kongress mit Präsidentenwechsel und Festsitzung zum 100jährigen Jubiläum des Landesverbandes.
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Am 11. Mai diskutierten wir mit Energieminister Jeannot Krecké und Innenminister Jean-Marie Halsdorf über die Auslagerung der kommunalen Energienetze in eine nationale Gesellschaft.
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Ebenfalls am 11. Mai unterstützten wir die AÖT auf ihrer Generalversammlung mit unserer Präsenz.
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Die neue Verbandsleitung kam am 13. Mai zu ihrer ersten Sitzung zusammen.
Ich bedanke mich bei den Lesern des Notizblocks. Ab der nächsten Nummer wird Carlo Thissen diese Rubrik übernehmen.
Guy Greivelding
Editorial, Guy Greivelding: Auf in die Zukunft
Eine Festsitzung und ein vorher stattgefundener außerordentlicher Kongress mit einem Präsidentenwechsel im Casino Syndical waren der Höhepunkt des hundertjährigen Jubiläums unseres Landesverbandes. Vorher schon konnten wir viele Verbandsmitglieder auf den verschiedenen Regionalfeiern begrüssen. Die Feiern zum Jubiläumsjahr werden am Sonntag, den 27. September im Casino Syndical mit einem Familienfest für alle Verbandsmitglieder und ihre Familien, verbunden mit einer Ausstellung über die letzten hundert Jahre, fortgesetzt.
Nico Wennmacher sei an dieser Stelle noch einmal recht herzlich gedankt, für seinen unermüdlichen Einsatz von 11 Jahren auf dem Präsidentenposten.
An der Ausrichtung des Landesverbandes wird sich auch nach dem Präsidentenwechsel nichts ändern. Wir werden als freie Gewerkschaft weiter kämpferisch und offensiv vorgehen.
Parallel zum Schreiben dieser Zeilen wurde die Großmanifestation der Gewerkschaften vom vergangenen Samstag vorbereitet. Unter dem Motto „Zesumme géint all Sozialofbau“ müssen wir uns dagegen wehren, dass wir, welche die Krise nicht verschuldet haben, nun für diese Krise zahlen sollen, während andere sich die Taschen weiter mit Geld füllen.
Eine neoliberale Politik, welche u.a. den Weg für Liberalisierung, Deregulierung und unkontrollierten Wettbewerb öffnete, steht am Ursprung dieser Krise.
Die Liberalisierung erzeugte in den letzten Jahren einen außerordentlichen Wettbewerbsdruck im Transportsektor und im öffentlichen Dienstleistungssektor. Zigtausende Arbeitsplätze wurden wegrationalisiert. Daneben wird der ständige Versuch gestartet Einkommen zu senken, Sozial- und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern.
Auch über die Manifestation vom 16. Mai hinaus, müssen wir die gewerkschaftliche Front und die Mobilisierung aufrechterhalten, um auch nach den Wahlen am 7. Juni den Regierenden, sollten sie versuchen, Sozialabbau als Krisenbekämpfungsmittel zu benutzen, Paroli bieten zu können.
Die Krise soll uns nicht daran hindern, weiter für unsere berechtigten Forderungen zu militieren. Wir fordern mithin weiter eine kontinuierliche Lohnpolitik sowohl im öffentlichen wie auch im privaten Sektor. Gehälterkürzungen werden wir bedingungslos bekämpfen, so auch alle Versuche den Index weiter zu manipulieren oder gar ganz abzuschaffen. Nur durch eine ordentliche Einkommenspolitik kann die Kaufkraft erhalten und der Handel gestützt werden.
Weiter werden wir uns dagegen wehren, dass öffentliche Dienstleistungen aus öffentlicher in private Hand übergehen, im Wettbewerb angeboten werden und dann nicht mehr alle Bürger gleich davon profitieren können.
Weiter werden wir uns für den Erhalt und die Schaffung von sicheren Arbeitsplätzen einsetzen, auch um der Jugend eine Zukunftsperspektive zu bieten. Auch werden wir nicht zulassen, dass an unseren Pensionen und den Leistungen der Sozialversicherungen genagt wird.
Neben dem sozialpolitischen Bereich ist der transportpolitische Bereich sehr wichtig für uns. Trotz der zwei Tage vor unserem Kongress abgeschlossenen guten über 15 Jahre laufenden Dienstleistungsverträge zwischen Staat und CFL für den Personenverkehr auf der Schiene und der Strasse respektiv für die Verwaltung der Infrastrukturen müssen wir uns weiter für den Erhalt der CFL als integrierten Betrieb mit Eisenbahnern mit öffentlichem Statut einsetzen.
Der Transportminister fuhr in den letzten Jahren die richtige Schiene in der Eisenbahnpolitik. Die Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur und die Schaffung von mehr Kapazitäten sind der richtige Weg, die Eisenbahn als Transportmittel attraktiver zu gestalten. Aber nicht exklusiv im Zentrum und im Süden des Landes soll das geschehen. Auch im Norden muss sich etwas tun. Der zweigleisige Ausbau der Nordstrecke muss als eine der nächsten Prioritäten in dieses Investitionsprogramm aufgenommen werden, auch um als internationale Verbindung nach Lüttich und darüber hinaus nach Norddeutschland attraktiv zu werden.
Wir begrüßen, dass für den Regionalverkehr das Parkplatzangebot in Ulflingen verbessert wird. In einem Schreiben vom 12. Mai teilt uns der Transportminister mit, dass der dortige P+R-Parking beim Bahnhof bis nach dem Sommer 2009 von 102 auf 200 Stellplätze erweitert wird. Auch bat er am 13. März den belgischen Staatssekretär für Mobilität, sich bei der SNCB für eine Herabsetzung des Preises des Monatsabos von Gouvy stark zu machen, nachdem er schon Ende 2008 die CFL eingeladen hatte mit der SNCB über die Verlängerung des nationalen Monatsabos bis Gouvy zu verhandeln. Alles erfreuliche Akzente für eine bessere Dienstleistung am Kunden, deren Ursprung in unseren Forderungen liegen. Doch dürfen wir nicht dabei stehen bleiben. Insgesamt muss die Nordstrecke als internationale Schnellzugstrecke attraktiver gestaltet werden. Offensiv werden wir uns dafür einsetzen.
Guy GREIVELDING
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08 2.22 Mo