Nr 12-2010 vom 31. August 2010
Tribüne, Jean-Claude Thümmel: Krisenbewältigung

Spanien und Portugal leiden unter einer enormen Arbeitslosigkeit, die die sozialen Probleme auf der iberischen Halbinsel weiter verschärfen. Die Aussichten sind eher düster und der zaghafte Aufschwung könnte ganz leicht an den beiden Volkswirtschaften vorbei ziehen ohne Spuren zu hinterlassen. Die griechischen Lohnabhängigen ächzen unter den von Staats wegen verordneten Sparmaßnahmen und der internationale Währungsfond wird nicht müde weitere Opfer zu verlangen. Das Ganze könnte in einer sozialen Explosion enden. Das Risiko ist immens.
Aber auch auf den britischen Inseln, die ja für ihr raues atlantisches Klima bekannt sind, steht eine soziale Eiszeit bevor. Cameron und Clegg wollen in den nächsten 4 Jahren insgesamt 111 Milliarden Pfund Sterling einsparen. Bei welchen Ressorts? Nun das herauszufinden dürfte nicht allzu schwer sein.
Auch in Frankreich wird gespart. Bei den Renten, den Löhnen und Gehältern, in den Sozialetats. Die 35-Stundenwoche wird immer weiter ausgehöhlt. Sarkozy’s Schlachtruf „Travailler plus pour gagner plus" klingt den meisten heute wie Hohn in den Ohren. Betroffen sind vor allem die sozial Schwachen. Und um seine Absichten zu untermauern, das Land und die Gesellschaft etwas gerechter zu gestalten und auch sicherer, werden die neuen wahren Feinde schon mal vorab ausgemacht. Es sind die „Rom" das fahrende Volk. Sarkozy macht einen deutlichen Unterschied zwischen den „français de souche" die ethnisch sauberen Franzosen und denen mit einem Migrationshintergrund.
Jean-Marie Le Pen hätte es wohl kaum treffender formulieren können.
Und weil nach den Säuberungsaktionen in den Pariser Vororten etwas Spielraum für humanere Methoden geblieben ist, werden alle Rom die unter Generalverdacht stehen nach Hause geschickt. Per Flugzeug und ausgestattet mit einer Abfindung von 300,- Euro pro Erwachsenen und 100,- Euro pro Kind. Ob die Probleme der Franzosen „de souche" und den „gens de la route" damit gelöst sind, steht auf einem anderen Blatt.
Auch in unserem schönen Luxemburg wird an diversen Problemlösungen gearbeitet. Auch auf die Gefahr hin, dass die Stereotypen schon etwas verbraucht klingen. Tatsache bleibt, die Haushaltsdefizite sollen auf dem Buckel derer die ganz sicher nicht für die Krise verantwortlich sind, saniert werden. Sogar wenn man/frau damit einverstanden sein kann, dass die Krise jeden etwas angeht, so fällt es doch schwer zu akzeptieren, dass exklusiv die Lohnabhängigen für die Folgen berappen müssen. Wo bleibt denn da die vielzitierte soziale Kohäsion?
Die gescheiterten Tripartite-Gespräche haben unter anderem das zutage gefördert, nämlich dass diese vielberühmte soziale Kohäsion etwas für Sozialromantiker ist und nichts aber auch wirklich überhaupt nichts mit der sozialpolitischen Realität hierzulande zu tun hat.
Wer bitteschön will uns denn verständlich erklären wieso bei den noch kurz vor der Sommerpause abgenickten Gesetzesprojekten ein Großteil der in Luxemburg beschäftigten Lohnabhängigen riskiert viel Geld zu verlieren und von Kompensationsmaßnahmen ausgenommen ist. Beispiel gefällig: Das Gesetzprojekt 6148 zu den Studienbeihilfen und dem Kinderbonus. Mit der Abschaffung des Kindergeldes ab 18 bzw. 21 Jahren werden eine ganze Reihe von Kompensationsmaßnahmen eingeführt; für Ansässige. Dies bedeutet einen Reallohnverlust von bis zu 410,- Euro pro Monat für Nichtansässige. Die ersatzlose Streichung des Kinderbonus für die Lohnabhängigen die keine Kompensationsmaßnahmen in Anspruch nehmen können; ein weiterer Realeinkommensverlust von mehr als 900,- Euro pro Jahr für Nichtansässige. Die alleinerziehenden GrenzgängerInnen laufen Gefahr in Zukunft in Steuerklasse 1 statt bisher 1a einklassiert zu werden. Dadurch verlieren sie ihren Anspruch auf einen speziellen Steuerkredit in Höhe von 750,- Euro pro Jahr. Und um die Sache komplett zu machen, werden mit diesem Gesetz die Kinder von in Luxemburg beschäftigten Grenzgängern von einer bisher möglichen Krankenversicherung durch die Krankenkasse der Eltern oder des Elternteils ausgeschlossen. Das ganze Maßnahmenpaket das das Gesetz 6148 vorsieht und welches am 1. Oktober in Kraft treten soll, ist ein riesiger Wirrwarr von ineinander geflochtenen Einzelmaßnahmen die im Endeffekt nur eines bewirken. Die Einheit der Lohnabhängigen gegen die Austeritätsmaßnahmen der Regierung zu brechen. Und darum geht es ja wohl. Zuerst die Ansässigen gegen die Grenzgänger. Dann die Gutverdiener gegen die weniger Gutverdienenden. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gegen die Gehaltsbezieher aus dem Privatsektor. Und was kommt dann? Die gewerkschaftliche Einheitsfront vom 16. Mai 2009 hat das Ziel vorgegeben.
„Mir bezuelen net fir är Kris" hieß und heißt das Motto. Deshalb müssen die Lohnabhängigen Einheit und Geschlossenheit zeigen am 16. September anlässlich der Protestkundgebung am Clairefontaine Platz.
Denn Sozialabbau geht uns alle etwas an, und er kann nur gemeinsam verhindert werden!
Jean-Claude Thümmel
Notizblock, Carlo Thissen

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Der gemischte Betriebsrat der CFL tagte am 19. Juli 2010.
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Die Verbandsleitung versammelte sich am 20. und 29. Juli 2010.
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Am 27. Juli 2010 traf sich die Verbandsleitung mit dem Vorstand der Vereinigung Luxemburg.
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Die Verbandsleitung, zusammen mit den Verantwortlichen der Vereinigung Mamer-Kleinbettingen, begab sich am 29. Juli 2010 nach Kleinbettingen, um sich die Begebenheiten vor Ort anzusehen. Hier ging es um den unzureichenden P&R-Parkplatz am Bahnhof und die Zukunft des Fahrkartenschalters im Falle des Neubaus des Stellwerks. Auch die Stichstrecke von Kleinbettingen nach Steinfort wurde besichtigt. Eine Wiedereröffnung dieser Strecke mit dem Einrichten eines großen P&R-Parkplatz auf dem Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs Steinfort könnte eine verkehrstechnische Lösung für vielzähligen Pendler aus dieser Region und dem benachbarten Belgien sein. Im Anschluss an die Besichtigung traf sich die Landesverbanddelegation mit den politischen Verantwortlichen der Gemeinde Steinfort, um ihre Ansichten darzulegen.
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Am 30. Juli 2010 stattete die Exekutive des Landesverbandes zusammen mit dem neuen Sicherheitsdelegierten einer Klasse von angehenden Lokführern einen Besuch ab.
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Vom 2. bis zum 12. August 2010 tagte in Mexiko-Stadt der Kongress der Internationalen Transportarbeiterföderation. Präsident Guy Greivelding und Generalsekretär Carlo Thissen nahmen für den Landesverband teil.
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Am 6. August 2010 tagte der Lenkungsausschuss „Atelier 2014“.
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Am 19. August tagte die Exekutive halbtags um die laufenden Angelegenheiten zu erledigen. Am selben Tag war eine Klasse von angehenden Lokführern zu Besuch im Casino.
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Die Zentraldelegation der CFL tagte am 20. August um die Effektive 2011 bei der Bahn zu verhandeln.
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Am 24. August fand eine erste Sitzung der Arbeitsgruppe Werbung innerhalb des Landesverbandes statt.
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Am 25. August fand in der OGB-L Zentrale ein Treffen der 5 Gewerkschaftsorganisationen welche die Protestkundgebung vom 16. September tragen, statt.
Carlo Thissen
Editorial, Guy Greivelding: Starke Gewerkschaften – Nachhaltiger Verkehr

Die Beschäftigten im Transportsektor werden nun schon über 20 Jahre von der Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung hart getroffen. In den vergangenen 2 Jahrzehnten sind Millionen Arbeitsplätze in der ganzen Welt der Politik zum Opfer gefallen. Und die, welche bisher neu geschaffen worden sind, sind eher prekär und zeichnen sich durch niedrigere Einkommen aus. Neue Maßstäbe wurden auch für die Arbeits- und Sozialbedingungen gesetzt. Nicht nur die Arbeitgeber fahren diese Schiene. Immer mehr blasen auch die politischen Verantwortlichen auf allen Kontinenten auf dieser Welt zum Angriff auf die sozialen Rechte des Salariats und gleichzeitig auch auf die Gewerkschaftsrechte. Die Weltwirtschaftskrise, die 2008 begann und für welche die Arbeitnehmer sicher nicht verantwortlich zeichnen, verschärfte noch einmal die schon angespannte Lage.
So war es auch nicht von ungefähr, dass der 42. Kongress der Internationalen Transportarbeiter-Föderation unter dem Motto "Starke Gewerkschaften – Nachhaltiger Verkehr" stand und die eingangs aufgeführten Themen sich wie ein roter Faden durch die Vorträge und Redebeiträge zogen. Der Aufbau von Solidarität und der Kampf für Gewerkschaftsrechte, die mit allen Mitteln verteidigt werden müssen, zu denen auch die gewerkschaftliche Organisierung gehört, ist ein voraus gesetzter wichtiger Faktor, um zum Erfolg zu kommen.
Dieser Erfolg kann aber erst seinen Lauf nehmen, wenn die gewerkschaftliche Organisierung stimmt. Die Stärke der Gewerkschaft entscheidet über den Einfluss auf die Politik.
Die Politik kann sicher nicht ewig die Wirtschaftskrise anführen, inzwischen verdienen die Finanzinstitute und Industriegiganten doch wieder Milliarden, um die öffentlichen Dienstleistungen mitsamt den dranhängenden Arbeitsplätzen in Frage zu stellen. Die öffentliche Dienstleistung, zu der auch der öffentliche Verkehr in allen Formen gehört, steht für Wirtschaftswachstum. Die Verteidiger der neoliberalen Politik wollen das wohl nicht wahrhaben, aber auch sie werden früher oder später erkennen müssen, dass die Förderung der öffentlichen Dienstleistungen, die Investitionen in die öffentliche Dienstleistung, in die Infrastruktur und auch in die Beschäftigung mit die wichtigsten Elemente zur Ankurbelung der Wirtschaft sein werden.
Nicht zu unterschätzen ist in allen Aktionen für einen nachhaltigen Verkehr auch der Klimawandel. Mehr als 13% aller Treibhausgasemissionen gehen auf das Konto des Verkehrs. Und fast 75% dieser Emissionen gehen auf das Konto des Strassentransports, Pkw und Lkw schlagen enorm zu Buche.
Der Kongress war sich einig, dass die Verschmutzer zahlen müssen und es zu einer Internalisierung der sozialen und ökologischen Kosten des Verkehrs kommen muss. Die Internalisierung der Kosten ist ein wichtiges Element auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Gewusst ist, dass bisher die Strassentransportfirmen von einer solchen verschont blieben. Die Allgemeinheit zahlte bisher für die Kosten der Umweltverschmutzung, für die Folgen der Strassenunfälle und für die Staus auf verstopften Strassen.
Die Deregulierung und Liberalisierung im Transportwesen hat nicht nur zu einer Verschlechterung des Arbeitsumfeldes geführt. Sie hat auch sehr viel wie oben angeführt zu den wachsenden Emissionen beigetragen. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die private Marktwirtschaft, die auf Profit und stetig wachsenden Konsum ausgerichtet ist, zu immer höheren Emissionen führt. Um dem entgegenzuwirken ist es absolut notwendig, dass die Gewerkschaften endlich sich in die Schaffung einer internationalen Bewegung für einen echten Wandel und eine echte Nachhaltigkeit in Klimafragen investieren sollen. Eine echte Nachhaltigkeit in Klimafragen kann für uns nur über den Weg von einem Angebot von guten öffentlichen Transportleistungen, selbstverständlich in öffentlicher Hand, führen.
Dementsprechend müssen unsere zukünftigen Aktionen ausgerichtet sein. Der Klimawandel muss ein permanenter Programmpunkt sein. Wir müssen die politischen Decideure anhalten, Anreize zu schaffen, um die breite Masse für den öffentlichen Transport zu gewinnen. Auch Initiativen für die Promovierung der sogenannten Mobilité douce gehören dazu. Damit meinen wir die Schaffung von Fahrrad- und Fußgängerwegen.
Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine echte Herausforderung für die Gewerkschaften. Der Landesverband stellt sich dieser Herausforderung. Schon vor geraumer Zeit setzte er eine diesbezügliche Arbeitsgruppe ein. Sie wird sicher einen echten Beitrag für die Bekämpfung des Klimawandels leisten.
Guy GREIVELDING
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Le Signal n°12 2.20 Mo