Pensionsreform als Wegbereiter für neue Altersarmut?
Pensionsreform als Wegbereiter für neue Altersarmut?
Die anstehende Pensionsreform wird eines der herausragenden sozialpolitischen Themen sein, mit welchem wir uns in diesem Jahr beschäftigen müssen. Was die konkreten Absichten der Regierung zur Ausgestaltung dieser Reform anbetrifft, darf immer noch spekuliert werden. Hier die Einschätzung von Nico Wennmacher, dem Präsidenten des Sektors Pensionierte im Landesverband.
In einem kürzlich stattgefundenen Rundtischgespräch zum Thema Pensionsreform, mit Sozialminister Mars di Bartolomeo, Carlos Pereira vom OGBL, Pierre Bley vom Patronatsdachverband, Felix Braz von déi Gréng und André Hoffmann von déi Lénk, haben sich unsere Befürchtungen, dass bei der anstehenden Pensionsreform die großen politischen Parteien und die Patronatsverbände sich in vielen Punkten einig sind, bestätigt.
Interessante Aussagen ...
Herr Juncker und die CSV haben schon vor mehr als 10 Jahren die Rentenmauer an die Wand gemalt, um das Pensionssystem im öffentlichen Sektor abzuschaffen. Auch jetzt wird von dieser Seite eine weitgehende Reform angemahnt. In dem CSV nahen Wort wurde vor kurzem dafür plädiert, anstatt weiter am solidarischen Umlageverfahren festzuhalten, wo die Aktiven mittels Beiträge die Pensionen bezahlen, die Pensionen via Kapitaldeckungsverfahren den Finanzmärkten zu überantworten.
Im Regierungsprogramm wird zwar eine Liste von Stellschrauben aufgezählt, an welchen gedreht werden kann, um das Rentensystem in Zukunft abzusichern. Eine dieser Stellschrauben, die Erhöhung der Beiträge und somit auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten wurde im rezenten Abkommen zwischen Regierung und Patronatsverbänden bis auf weiteres blockiert.
Ein äußerst gefährlicher Weg
Auffallend am oben erwähnten Rundtischgespräch war u.a. die weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Patronatsvertreter und dem grünen Abgeordneten Felix Braz. Beide möchten die Obergrenze für Beiträge und Leistungen von 5 x dem sozialen Mindestlohn auf 3,5 x den sozialen Mindestlohn absenken. Gleichzeitig sollen die privaten Zusatzpensionen steuerlich begünstigt werden. Der Weg der hier beschritten werden soll, ist äußerst gefährlich. Die öffentlichen Pensionen sollen schrittweise gekürzt werden und durch eine private, steuerlich begünstigte Vorsorge ergänzt, respektive ersetzt werden.
Die erworbenen Rechte der Pensionierten und Aktiven sollen zwar, entsprechend verschiedener Aussagen, bei diesem Gespräch abgesichert werden. Was aber darunter verstanden wird, ist unklar. Dies wird an der Diskussion über das Ajustement ersichtlich. Das Patronat will sowieso das System der Anpassung der Pensionen an die Lohnentwicklung abschaffen. Die bei diesem Gespräch nicht anwesende DP hat bekanntlich vor kurzem in der Abgeordnetenkammer gegen das Ajustement gestimmt. Die Regierungskoalition hat sich erst nach heftigen Gewerkschaftsprotesten erweichen lassen, die fällige Anpassung in 2 Etappen zu gewähren.
Lebensarbeitszeitverlängerung und Pensionsverschlechterungen
Die bisherigen Diskussionen um die Pensionsreform zeigen, dass wir, unter dem Vorwand einer Absicherung der Pensionen, mit einem Reformmix aus einer Lebensarbeitszeitverlängerung und Pensionsverschlechterungen konfrontiert sein werden. Dabei wird in den Kommentaren zur Pensionsreform äußerst selten auf die Vorzüge unseres Systems der Alterssicherung hingewiesen. Dank dieses Systems, konnte die Altersarmut bei uns weitgehend abgeschafft werden. Eine Reduzierung der Kaufkraft der älteren Generation, etwa durch die Abschaffung des Ajustement oder sonstiger Pensionsverschlechterungen, wird nicht zu einer Verbesserung der Kaufkraft bei den jüngeren Generationen führen. Das Gegenteil würde der Fall sein.
Für den aufmerksamen Beobachter der sozialpolitischen Szene stellt sich auch die Frage, warum verschiedene Politiker das Pensionssystem im Schnellverfahren umändern und verschlechtern wollen? Dabei verfügt die Pensionskasse über genügend Reserven, um die Pensionen während 3,5 Jahren ohne jegliche Beitragsleistung zu bezahlen. Will man etwa die aktuelle Krise ausnutzen um eine weitere Etappe im Umverteilungsprozess von unten nach oben einzuleiten?
Weitere Etappe im Umverteilungsprozess?
Dieser Prozess hat seit geraumer Zeit bereits bei den Löhnen und Gehältern eingesetzt. Der Anteil der Lohneinkommen am geschaffenen Mehrwert hat sich in den vergangenen Jahren in Luxemburg, ähnlich wie in ganz Europa, nach unten entwickelt. Da die Beiträge zu den Sozialversicherungen auf den Gehältern und Löhnen beruhen, wird für jeden ersichtlich dass, auch die Sozialversicherungskassen, bei einer Weiterführung, respektive einer Verstärkung der Lohnmoderation, in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Die erklärte Absicht der CSV und der zuständigen Minister für die öffentliche Funktion, Biltgen und Modert, die Einstiegsgehälter im öffentlichen Sektor zu senken, lassen befürchten, dass eine weitere Etappe in der Lohnzurückhaltung eingeleitet werden soll. Die Aussagen von Staatsminister Juncker bei dessen Neujahrsinterview im Fernsehen, bestätigen die diesbezüglichen Befürchtungen. Seiner Meinung nach ist der hohe Mindestlohn ein Hindernis zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Er hat angedeutet, diese Problematik mit den Sozialpartnern zu besprechen, um hier Lösungen zu finden. Manches deutet darauf hin, dass ähnlich wie beim deutschen Nachbarn ein Niedriglohnsektor geschaffen werden soll.
Vollbeschäftigung, sichere Arbeitsplätze und angemessene Löhne und Gehälter sind wichtige Bausteine, um unser solidarisches Pensionssystem weiter abzusichern und um Altersarmut zu verhindern. Deshalb muss der Kampf für den Erhalt unserer sozialen Errungenschaften und insbesondere unseres Pensionssystems in voller Solidarität von den Aktiven und Pensionierten geführt werden.
Nico Wennmacher
Präsident des Sektors Pensionierte im Landesverband