Editorial, Guy Greivelding : Ein anstrengendes Jahr 2014
Editorial, Guy Greivelding : Ein anstrengendes Jahr 2014

Ein anstrengendes Jahr 2014
Das Jahr 2014 neigt sich seinem Ende entgegen. Die Beschäftigten freuen sich auf die kommenden freien Tage, um mit ihren Familien auszuspannen. Wir werden diese Tage nutzen, um Kräfte für das neue Jahr zu sammeln, in dem Ende Januar der 65. Kongress unseres Landesverbandes stattfindet.
Wenn man das Jahr 2014 im Rückblick betrachtet kommt man nicht umhin festzustellen, dass es ein anstrengendes Jahr war. An vielen Fronten mussten wir starke Präsenz und Einsatzbereitschaft zeigen. Das wird sicher 2015 nicht anders. Das 4. Eisenbahnpaket wird weiter europäisches Thema sein. Das Europaparlament verfehlte im vergangenen Februar ein klares Zeichen für ein Ende der Liberalisierungspolitik zu setzen. Nun müssen wir weiter um die Zukunft unserer integrierten Unternehmen und um unsere Arbeitsplätze bangen.
Große Hoffnungen setzen wir jedoch in den luxemburgischen Transportminister, der unsere Positionen teilt und sich genauso wie wir stark macht, dass auch in Zukunft die Möglichkeit bestehen bleibt, den öffentlichen Transport über den Weg der Direktvergabe zu organisieren, sowie die integrierten Unternehmen zu erhalten.
Auf der Hut bleiben
Die neue aus Slowenien kommende EU-Kommissarin für den Transport müsste wohl verstehen, dass in den kleinen Ländern die Organisation des Transports über den Weg des Wettbewerbs verheerende Folgen für die integrierten Eisenbahnunternehmen, das Personal und auch die Kundschaft haben wird. Frau Violeta Bulc gehört der liberalen Fraktion an, diese steht bekanntlich für einen neoliberalen Kurs in Europa. Die von Guy Verhofstadt, Präsident der liberalen ALDE-Gruppe im Europaparlament gemachte Aussage bei der Nominierung von Frau Bulc lässt aufhorchen: „Transport ist ein herrliches Portfolio, eines mit noch viel Raum für Liberalisierung“. Gerade darum müssen wir weiterhin auf der Hut bleiben.
Mit der alleinigen Ankündigung einer sozialeren europäischen Politik und der Annahme eines 315 Milliarden Euro schweren Investitionsplans, der die Wirtschaft in der EU wieder auf Trab bringen und neue Arbeitsplätze schaffen soll, ist noch lange nichts gewonnen. Dieses Geld muss erst gefunden und die Investitionen definiert werden. Unseren Informationen nach sind davon lediglich 21 Milliarden gesichert.
Von einer Abkehr der Politik der Privatisierung der öffentlichen Dienstleistungen war bisher genauso wenig zu hören wie von der Verabschiedung einer europäischen Politik, die immer mehr Einfluss auf die nationalen Politiken gewinnen will. Ebenso dürfen wir das von den USA und von der EU gewollte Freihandelsabkommen TTIP nicht vergessen. Dieses birgt große Gefahren für die öffentlichen Dienstleistungen.
Einsicht bei der Regierung?
Bei der nationalen Politik angekommen, muss uns der Kurs unserer Regierung weiter interessieren. Mit dem dicken Hammer und 258 Sparmaßnahmen, besonders bei den Haushaltsausgaben in den Bereichen Sozial-, Familien- und Arbeitsmarktpolitik. Die Regierung wollte ohne Konsultierung der Sozialpartner über den Weg des Haushalts 2015 die Staatskonten in Ordnung bringen.
Das konnten wir Gewerkschaften natürlich nicht schlucken und unter dem Impuls der drei großen Gewerkschaftsbünde OGBL, CGFP und LCGB kam es zu einer imposanten Vorständekonferenz, die 600 Militanten aus dem öffentlichen und privaten Bereich zusammenbrachte. Alle waren bereit für eine gewerkschaftliche Mobilisierung gegen die Sparpläne der Regierung.
Diese sah schlussendlich ein, dass „schwarze Wolken“ aufzogen und bemühte sich den Sozialdialog wieder aufleben zu lassen, sowie auf die gewerkschaftlichen Forderungen, die von der gemeinsamen Vorständekonferenz vom 20. November 2014 formuliert wurden, einzugehen. Die Verhandlungen führten für die Arbeitnehmer OGBL, CGFP und LCGB. Ohne am Verhandlungstisch dabei gewesen zu sein, waren wir doch durch unseren Kooperationsvertrag mit dem OGBL sehr nahe am Geschehen dran.
In 13 Punkten war die Regierung bereit einen Kompromiss einzugehen, der wohl keine Euphorie aufkommen lässt, aber sonder Zweifel ein Erfolg der gemeinsamen gewerkschaftlichen Mobilisierung ist. So konnte in den Bereichen der Kranken- und Pflegeversicherung erreicht werden, dass es zu keinen Kürzungen der Leistungen und zu keinen Beitragserhöhungen kommt. Auch bei den Pensionen und Renten kommt es nicht zu einer Beitragserhöhung. In der Familienpolitik machte die Regierung Zugeständnisse vor allem bei der Entschädigung beim Elternurlaub und bei den Familienzulagen. Ebenfalls im Bereich der Beschäftigung, wo es u.a. möglich werden soll, eine Teilpension mit Teilzeitarbeit zu kombinieren.
Die von uns als ungerecht eingestufte Abgabe von 0,5 Prozent für die Kinderbetreuung wird zu einer temporären Ausgleichssteuer für den Staatshaushalt umgestaltet. Der ganze Mindestlohn ist nun von dieser Steuer entbunden. Damit sind die Mindestlohnempfänger nicht von der Abgabe betroffen. Bei allen anderen Einkommen wird die Steuerprogression spielen.
Die Gewerkschaften werden in die Diskussionen über die geplante große Steuerreform, die bis 2017 stehen soll, eingebunden. Das Ziel muss Steuergerechtigkeit heißen.
Ein absolut für die öffentlichen Beschäftigten negativer Punkt: das „trimestre de faveur“ wird abgeschafft und die Proratisierung des Jahresurlaubs bei Pensionseintritt wird wieder eingeführt. Dies trotz starken Argumenten der verhandelnden Kollegen zum Erhalt dieser vertraglich festgeschriebenen Elemente. Wenn wir unsere Forderungen für ein nächstes Gehälterabkommen aufstellen, müssen wir uns sicherlich an diesen Einschnitt erinnern.
Insgesamt sehen wir, auch wenn die Sparmaßnahmen durch den Kompromiss entschärft wurden, keinen Politikwechsel der Regierung. Die Gelegenheit dazu war da.
Guy Greivelding
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