Die Lehren aus dem „Urlaubs-Desaster“
Die Lehren aus dem „Urlaubs-Desaster“

Die diesjährige Urlaubsvergabe und Reorganisation der Urlaubsgruppen werden den Escher Trambahnern wohl noch lange als spürbarer Einschnitt in Erinnerung bleiben. Quasi im Handumdrehen wurden jahrelange Errungenschaften über den Haufen geworfen und verschlechtert. Während das Personal nun nach einigen Wochen erst so richtig erkennt, was da durchgezogen wurde, drängt die Betriebsleitung schon auf weitere Verschlechterungen bei den Dienstvorschriften und für den Herbst droht eine erneuter Umbau der Diensttouren, der nichts Gutes erahnen lässt…
Im Grunde bedeutet die neue Methode der Urlaubsvergabe vor allem, dass zukünftig das Personal das Risiko von Ausfällen und Krankmeldungen tragen soll. Urlaub soll nur noch vergeben werden wenn möglichst sichergestellt ist, dass keine Überstunden benötigt werden. Da Ausfälle aber naturgemäß nicht oder nur schwer vorhersehbar sind und ihre Wahrscheinlichkeit auf Schätzungen beruht, möchte der Betrieb nun permanent Urlaub in Reserve zurückbehalten. Die längerfristige Vorausreservierung wird darum beschränkt und bei Nichtbedarf soll die nichtbenötigte Urlaubskapazität dann sozusagen, als „Last Minute Congé“ kurzfristig vergeben werden. Die Umsetzung dieses Konzeptes hatte folgendes zur Konsequenz:
- Die bisherigen fünf Urlaubsgruppen wurden von 47 auf 40 Personen verkleinert, was sofort zur Folge hatte, dass alleine schon für diese 35 Fahrer eine weitere Urlaubsgruppe geschaffen werden musste, die nur noch eine einzige Schulferienwoche (Karneval) umfasst.
- Trotz des Personalzuwachses im „mouvement“, werden dadurch in den Schulferienzeiten nun 105 Wochen Urlaub weniger vergeben.
- Die Reservierung des Resturlaubs außerhalb der Gruppen, wurde von drei auf zwei Wochen gekürzt.
- Die verbleibende Woche soll durch den Konsum „einzelner Tage“ abgebaut werden. Die ausgehangene Liste des noch verfügbaren Urlaubs bietet kaum Aussicht auf ganze Wochen. Erarbeitete Überstunden sollen integral ausbezahlt oder auf ein gesondertes „Resturlaubskonto“ zum späteren Gebrauch, festgelegt werden.
- Wenn bis Ende Dezember der „congé légal“ nicht verbraucht ist, setzt de facto der Betrieb den restlichen Urlaub bis zum 31. März des folgenden Jahres fest. Ansonsten verfällt er.
Für den Landesverband war von Anfang an klar wohin diese Reise führen wird. Es geht dem Patronat vor allem darum, kostspielige Überstunden zu vermeiden und das Risiko für Ausfälle auf die Schultern der Belegschaft zu verlagern. Der Preis dafür bezahlt nun das Personal, mit weniger Urlaub in den Schulferien und allgemein erschwertem Zugang zum Urlaub! Schon am 10. Oktober 2013 hatten wir die Fahrer mit einem Flugblatt darauf hingewiesen und von der Personalvertretung eine klare Ablehnung dieses Projektes gefordert. Im Ausschuss kam es darüber zu heftigsten Diskussionen, wobei mir persönlich, „Volksverhetzung“ und „Miesmacherei“ vorgeworfen wurde.
Die Mehrheit der Personalvertreter setzte folglich dieser Urlaubsverschlechterung nicht den geringsten Widerstand entgegen und stellte sich von Beginn an offen hinter dieses Projekt. Erst jetzt, wo es von Seiten der Fahrer nur so an Kritik hagelt, werden sie kleinlauter und beginnen sich langsam davon zu distanzieren.
Der „Bock“ ist nun allerdings geschossen und sofort machen sich die negativen Auswirkungen dieses Rückschritts auch in anderen Bereichen spürbar. Die Personalvertretung wird weniger ernst genommen und immer offener ignoriert, wie z.B., beim Umbau einiger Diensttouren, der Kürzung der Vergütung der Überstunden, oder als Ruhetage die auf Feiertage fallen, nicht mehr als normaler Urlaub vergolten werden sollten, usw… Wohin die Logik des Nachgebens führt ist unübersehbar.
Neue Dienstvorschriften
Beflügelt durch die Entwicklung bei der Urlaubsproblematik könnte man annehmen die Betriebsleitung hätte in ihrer Euphorie den Bezug zur Realität, bzw. zum Funktionärsstatut verloren. Wie sonst könnte man erklären, dass eine völlig illegale Forderung, wie die nach einer Beschränkung des Rechtes für Funktionäre auf eine dreitägige Krankmeldung ohne ärztliches Attest, vom Patronat für die Dienstvorschriften vorgeschlagen wird? Diese, aber auch andere handfeste Verschlechterungen, wie z.B. bei der flexiblen Handhabung der Überstunden in der Werkstatt, haben die Personalvertreter bewogen dieses Projekt abzulehnen. Es darf nicht sein, dass Probleme mit einzelnen Personen, vom Betrieb genutzt werden um weitere substanzielle Verschlechterungen für die gesamte Belegschaft durch zu setzen. Als Personalvertreter müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wenn das Patronat weitere repressive gesetzliche oder institutionelle Instrumente in die Hand bekommt, es sie später ganz legal und hemmungslos als Waffe gegen die Gesamtheit der Belegschaft einsetzen wird und sich das Kräfteverhältnis zwischen Patronat und Salariat dadurch noch weiter verschlechtern wird.
Kürzung der Überstundenvergütung..!
Zu diesen exemplarischen Attacken gehört auch der Beschluss ab jetzt die Bonifikation bei Überstunden (d.h. vier Stunden für eine Schicht) im Falle der Ausbezahlung nicht mehr wie bisher und wie es schriftlich in einer Vereinbarung von 2009 festgehalten wurde, zu vergüten. Lässt man sich seinen geopferten freien Tag samt Vergütung, auf das Resturlaubskonto verbuchen, dann erhält man weiterhin 12 Stunden (150 Prozent) zugute geschrieben, will man sich ausbezahlen lassen, wie es das Patronat selbst vorschlug, dann sollen es nun nur noch 140 Prozent sein (?)! Man sagt uns nun eine andere Handhabung widerspräche dem Gesetz. – Wie bitte? Die gesetzliche Überstundenregelung für Funktionäre wird beim TICE seit Jahren weder wortgetreu noch dem Sinn nach respektiert, denn diese sieht Überstunden nur im äußersten Notfall vor. Beim TICE sind diese aber seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Funktionsweise, ohne die ein normaler Betriebsablauf nicht möglich wäre. Nicht umsonst schleppt der TICE seit Jahren eine Hypothek von rund 10.000 Tagen ausstehender Urlaubs- und Ruhetage mit sich herum. Das alles sind Überstunden und nicht gewährte Urlaubstage, die laut geltendem Recht und Statut, nie hätten geleistet, angesammelt und konserviert werden dürfen! Und jetzt erzählt man uns, dass zehn Prozent der Vergütung nun plötzlich ungesetzlich seien! Es ist doch wohl eher so, dass die Führung davon ausgeht, dass genügend Fahrer bereit sind ihren Ruhetag eben auch für nur 140 Prozent eines Tageslohnes zu verkaufen anstatt für 150 Prozent. Wie 2012 beim „Kleidergutschein“ der Handwerker, werden jetzt eben die braven „Überstündler“ ein wenig abgezockt. Viel Kleinmist ergibt auch eine Menge…
Sertic Alain, Personalvertreter
Foto: Alain Sertic
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Sektion TICE Urlaubs-Desaster 151.49 Ko