Editorial, Jean-Claude Thümmel: Reform!
Editorial, Jean-Claude Thümmel: Reform!

Am 15. Juli 2011 unterschrieb die CGFP mit dem Ministerduo Biltgen/Modert das Gehälterabkommen für die Jahre 2011 bis 2013, sowie das Abkommen zur Reform des Statuts und der Laufbahnen im öffentlichen Dienst. Zur Erinnerung! Im Gehälterabkommen wurde für das Jahr 2011 eine Nullrunde festgeschrieben wie schon 2010.
2012 dann sollte es neben der Abschaffung der Krisensteuer für alle Beschäftigten zur Auszahlung einer einmaligen Prämie von 0,9 Prozent eines Jahresgehaltes kommen. Eine Punktwertaufbesserung von 2,2 Prozent war erst für das Jahr 2013 geplant. Und wieder einmal waren alle anderen im öffentlichen Dienst und den assimilierten Sektoren vertretenen Gewerkschaften von den Gehälterverhandlungen ausgeschlossen. Auch der FNCTTFEL-Landesverband. Der Landesverband forderte Verbesserungen im Gegenwert von 2,5 Prozent. Dies sowohl in qualitativen wie quantitativen Verbesserungen und zwar für die Jahre 2011 und 2012. Das ausgehandelte Resultat ist und war weit von diesen Forderungen entfernt. Das zwischen der Staatsbeamtengewerkschaft und den CSV-Ministern ausgehandelte Abkommen stellt in Wahrheit ein Nullsummenspiel dar. Eine echte Mogelpackung.
Minister Biltgen verkündete bei der Präsentation des Verhandlungsergebnisses mit sichtlichem Genuss, dass es Gehälterabkommen und Reform nur im Doppelpack geben kann. Nach dem Motto mit der einen geben was längst geschuldet ist und mit der anderen so richtig zulangen. Verlängerung der Einarbeitungszeit von zwei auf drei Jahre, für alle drastische Kürzung der Anwärtergehälter auf 80 bzw. 90 Prozent, das Wegfallen der Annalen und ein Bewertungssystem. Das sind die Eckpunkte der Reform und damit auch die Punkte, die der FNCTTFEL-Landesverband keinesfalls akzeptieren kann. Das alles schrieben wir im Juli 2011.
Auch die Staatsbeamtengewerkschaft war wohl nicht zufrieden mit dem Resultat der Verhandlungen und stellte Ende Juli das Reformpaket in Frage. Eine „procédure de conciliation“ wurde eingeleitet und das Reformpaket erneut entknotet. Entsprechend konnte eine Reihe von Veränderungen, von Verbesserungen kann hier keine Rede sein, in die Texte einfließen. Im Anschluss an die Schlichtung wurde am 27. April 2012 ein Zusatz zum Paket vom 15. Juli 2011 unterschrieben. Dann wurde es relativ ruhig in diesem Dossier.
Die paritätische Kommission bei den CFL, genau wie die „Commission Centrale“ bei den Gemeinden, wurde einberufen um die Umsetzung des Abkommens bei der nationalen Eisenbahngesellschaft, wie bei den Gemeindebeamten zu verhandeln. Das war im Herbst 2012. Dann 2013: die SREL-Affäre brachte den Premier mitsamt der Regierung heftig ins Wanken. Am 4. Dezember 2013 ging eine Dreierkoalition bestehend aus DP, LSAP und Grünen an den Start. Die Reform im öffentlichen Dienst war wieder auf der politischen Tagesordnung. Am 31. März 2014 wurde von der CGFP und dem Minister der öffentlichen Funktion ein Abkommen unterzeichnet, das sich in einigen Punkten stark vom Originalabkommen aus dem Jahre 2011 unterscheidet.
Die wichtigsten Neuerungen sind eine vereinfachte Bewertungsprozedur mit vereinfachten Bewertungskriterien und eine Anpassung der Anwärtergehälter im dritten Ausbildungsjahr. Erneut ging ein ganzes Jahr ins Land und am 24. März 2015 konnte das Reformprojekt dann schließlich die noch ausstehende parlamentarische Hürde nehmen.
Nun wird es definitiv Ernst
Die Umsetzung der Reform unter Berücksichtigung der eisenbahnspezifischen Gegebenheiten oder jener bei den Gemeinden wird eine große Herausforderung werden. Es droht eine Reihe von Verschlechterungen bei der Umsetzung der Reform. Die Kolleginnen und Kollegen im Betrieb, stellen sich viele Fragen. Der FNCTTFEL-Landesverband hat von Anfang an deutlich gemacht, dass es bei der Umsetzung der Reform und den daraus resultierenden Übergangsbestimmungen, zu keinen Verschlechterungen beim Aufstieg und bei der Entlohnung für die, die schon da sind, kommen darf.
Die Abschaffung der Substitutionsgrade und die Schaffung von sogenannten „Postes à responsabilité particulière“ fördert eine gewisse Günstlingswirtschaft. Und das wiederum belastet auf unverantwortliche Weise das Betriebsklima. Die Kürzung der Anwärtergehälter auf 80 oder 90 Prozent des Basislohnes ist eine höchst unsoziale Maßnahme, die kaum dazu führen wird, dass sich vermehrt junge qualifizierte und motivierte Leute für den öffentlichen Dienst begeistern werden. Die Vereinheitlichung der Einarbeitungszeiten auf drei Jahre geht an den Bedürfnissen von CFL und Gemeinden vorbei und macht die Sache sicherlich nicht einfacher. Eine Bewertung, auch nicht die ausgeklügelste, ist kaum objektiv und riskiert mehr Schaden anzurichten als die Macher der Reform wohl geplant haben. Oder irren wir uns?
Nachfolgend zwei Beispiele, was die Kürzung der Einarbeitungsgehälter zukünftige Berufsanfänger im öffentlichen Dienst und den assimilierten Sektoren kosten wird. Wir haben hier bewusst Beispiele herausgegriffen, welche die unteren Laufbahnen bei sowohl CFL wie AVL betreffen.
Das Einarbeitungsgehalt im Grad I/0 liegt während der beiden ersten Jahren bei 130 Punkten. Aktuell liegt das Anfangsgehalt bei 141 Gehaltspunkten. Ein Verlust von 11 Punkten pro Monat also. Auf zwei Jahre hochgerechnet macht das 264 Punkte. Dies entspricht einem realen Einkommensverlust von 4.752 Euro. Bei einem AVL-Busfahreranwärter sieht die Sache noch etwas schlimmer aus. Hier wird der reale Einkommensverlust fast doppelt so hoch sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die Aufstiegsbestimmungen so gestaltet werden, dass nach einheitlich 23 Jahren das Ende der Karriereleiter erreicht sein soll. Spätestens aber auch frühestens! Kein wirklicher Fortschritt also.
Wir könnten unsere fundamentalen Kritiken noch weiterführen, belassen es aber bei den hier angeführten. Die längst geschuldeten Verbesserungen im Rahmen des Gehälterabkommens werden mit der Umsetzung der Reform kommen. Eine 2,2-prozentige Aufwertung des Punktwertes rückwirkend auf den 1. Januar 2015 und eine einmalige Prämie von 0,9 Prozent eines Jahresgehaltes gerechnet auf einen Zeitraum, welcher sich vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2014 erstreckt. Fazit: es wäre eigentlich mehr drin gewesen. Der angekündigte Paradigmenwechsel hat so nicht stattgefunden. Und bei vielen ist die Ernüchterung groß.
Auch auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen: sozialer Rückschritt ist mit dem Landesverband nicht zu machen. Das galt in Bezug auf diese Reform 2011, und das gilt heute genauso.
Jean-Claude Thümmel
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